Von der Idee zum Projekt

Aus heiterem Himmel ereilte mich vor bald sechs Jahren die Diagnose Brustkrebs, und es ging mir wie allen, die mit einer solchen Diagnose konfrontiert sind: Gewissheiten wankten, ich verlor den Boden unter den Füssen, und was bis dahin galt und richtig schien, war plötzlich in Frage gestellt. Ich durchlief Operationen, Chemotherapien, Bestrahlungen, und als ich nach einem knappen Jahr aus all den Therapien kam, fiel ich erstmal in ein tiefes Loch und ging längere Zeit auf «Talwanderung». Nur langsam hellte sich der Horizont wieder auf, und es dauerte, bis ich neue Perspektiven für eine Zukunft gewinnen konnte.

Tücher, Mützen,Perücken kaschieren den wegen Haarausfalls durch Chemo kahlen Kopf .

Dank Tüchern attraktiv trotz «Chemo-Glatze»

Seit meiner eigenen Krebserkrankung und im Zusammenhang mit meinem Engagement als Administratorin eines Brustkrebs-Forums (http://mit-brustkrebs-leben.phpbb8.de) sind mir immer wieder Mütter begegnet, die nach der erschreckenden Krebsdiagnose, nach Operationen, Chemo- und Strahlentherapien zwar unglaublich erschöpft sind, sich aber nicht zu einem Kur- oder Erholungsaufenthalt entschliessen können, weil sie sich – der Endlichkeit des eigenen Lebens schmerzlich bewusst geworden – nicht von ihren Kindern trennen möchten.

Leider besteht in der Schweiz für Familien mit «normalem» Einkommen kaum ein Angebot, das an Krebs erkrankten Müttern erlaubt, sich gemeinsam mit ihren Kindern eine Auszeit zu sozial-verträglichen Preisen zu gönnen. Allzu oft entwickelt sich aus der Müdigkeit nach den strapaziösen Therapien eine eigentliche Fatigue – eine bekannte und gefürchtete Folge vor allem von Chemotherapien.

Hier kam erstmals «Das Haus am See» ins Spiel:

In unserem Nachbardorf stand ein Haus leer, das ich in den vergangenen zehn Jahren unzählige Male gesehen hatte, ohne mir irgendetwas dabei zu denken! Es handelt sich um eine ehemalige Jugendherberge mit vierzehn Zimmern, zwei Küchen, verschiedenen Wirtschaftsräumen, einem riesigen, ausbaufähigen Dachgeschoss und ziemlich viel Umgebung… Es mag etwa Ende März 2014 gewesen sein, als das Haus mit einem Mal ganz anders auf mich wirkte; ich fragte mich plötzlich: «Das Haus steht schon so lange leer – warum mache ich nichts draus?»

Mich packte plötzlich die Idee, in diesem Haus einen Ort der Erholung für krebskranke Mütter und ihre Kinder zu schaffen. Wie erwähnt, gibt es so etwas in der Schweiz nämlich nicht, resp. nur zu Preisen, die sich «normale» Mütter kaum leisten können.

Das Haus ist schlicht umwerfend und wie gemacht für ein solches Projekt. Es steht über dem Wägitaler-See, mit freiem Blick in die Berge – ein Traum! Mein jüngster Bruder, ein erfahrener Geschäftsmann, war von Anfang an begeistert von dieser Idee, aber es war noch ein langer Weg und es verging rund ein Jahr, bis der Traum Realität zu werden begann…

Das «Haus am See» bietet eine fantastische Aussicht auf den Wägitaler-See und die Glarner Bergwelt

Das «Haus am See» bietet eine fantastische Aussicht auf den Wägitaler-See und die Glarner Bergwelt

Mit dem Kauf der Liegenschaft anfangs April 2015 war ein grosser Schritt getan, aber es gab enormen Ausbaubedarf: Es müssen Brandschutztüren eingebaut, die Küche muss erneuert werden, in jedem Stockwerk braucht es Nasszellen (Bad, Dusche, WC, Lavabos usw.); es gab ja nur zwei Räume mit Chromstahltrögen und kaltem Wasser! Gar nicht zu reden von Teppichen in den Zimmern, Vorhängen und Mobiliar, Bettwäsche, Geschirr und, und, und … die Pläne wurden nun sehr konkret!

Unterdessen sind die Umbauarbeiten – auch dank der tatkräftigen Unterstützung von freiwilligen Helferinnen und Helfern – schon weit vorangeschritten. Die ersten sieben Gästezimmer sind bauseitig fertig – nun gilt es Möbel zusammenzubauen, Vorhänge zu nähen, Lampen und Deko zu beschaffen, damit sich unsere künftigen Gäste wohlfühlen können.

Gästezimmer im «Rohzustand» – noch fehlen Vorhänge, Lampen und Deko.

Gästezimmer im «Rohzustand»

Ich habe schon viele Ideen, wie man den Frauen und ihren Kindern wieder ein wenig Boden unter den Füssen schaffen könnte. Ganz einfache Sachen wie Sing- und Spielabende, LineDance, gestalterisches Malen, Textilwerkstatt (Nähen, Stricken von Hand und mit Maschine, Spinnen, Wollefärben, Basteln usw.) und Naturmaterialien (Holz, Ton, Metall). Wellness-Angebote wie Massagen und Manicure/Pedicure sollen zum Wohlbefinden beitragen.

Und weil’s so schön ist, hier noch ein Foto von der anderen Seeseite – wenn ihr genau hinseht, seht ihr (mit etwas gutem Willen) unter dem Berggipfel, links erhöht über der Staumauer, hinter den Bäumen ein blaues Gebäude hindurchschimmern … das Haus, wo sich krebskranke Mütter nach all den Behandlungen gemeinsam mit ihren Kindern vom Trauma (Brust-)Krebs erholen dürfen.

Blick über den See in Richtung «Haus am See»

Das «Haus am See» von der gegenüberliegenden Seeseite aus – finden Sie es?